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Wie Algorithmen das Recht und unsere Demokratie herausfordern

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Ein Rückblick von Jan Ehlert, NDR

Die Berechnung der Welt

Eric Schmidt, Ex-Google-CEO, ist sich sicher: „Wir wissen, was gut für die Menschen ist“, ruft er uns aus dem Silicon Valley herüber. Und damit ist er nicht allein: Die Verantwortlichen hinter den großen Internetfirmen sind sich zumindest rhetorisch einig: Die Welt soll nicht verändert werden, sondern verbessert.

Doch wenn zukünftig intelligente Maschinen entscheiden, ob man morgens Tee oder Kaffee trinken darf, smarte Armbänder einen sanft aber bestimmt dazu auffordern, vom Sofa aufzustehen, weil das Tagespensum an Sport noch nicht erfüllt ist oder sogenannte Filter Bubbles vorsortieren, welche Nachrichten uns zugemutet werden können und welche nicht – ist das dann noch eine Verbesserung des Lebens, oder eine Entmündigung?

Deine Zahnbürste ist schlauer als Du
Vor dieser Welt warnt Yvonne Hofstetter. Denn der freie Wille ginge verloren. Kritisch wird es spätestens dann, wenn die individuell erhobenen Daten über unser Verhalten in den Markt einfließen. Wenn Versicherungen die Höhe ihrer Beiträge nach den Empfehlungen einer Apple Watch ausrichten. Oder Geheimdienste die Wahrscheinlichkeit einer Straftat per Social Media-Freundeskreisen berechnen und präventiv eingreifen. Was bleibt dann vom Sozialsystem oder der Unschuldsvermutung?

Durch das „Internet der Dinge“, also die Verbindung von Alltagsgegenständen wie Zahnbürsten, Thermostaten oder Fitnessgeräten mit dem Internet werden dennoch schon jetzt massenhaft Daten erhoben, auch von jenen, die sich nicht in Sozialen Netzwerken aufhalten, warnt Yvonne Hofstetter. Dafür sorgen die allgegenwärtigen Drohnen, Sonden und Sensoren. Dass diese Daten fehlerhaft sein oder manipuliert werden können, kommt erschwerend hinzu, darüber schreibt sie ausführlich in ihrem Buch „Sie wissen alles“. Denn, so glauben wir: Algorithmen lügen nicht, sie kennen uns besser, als wir uns selbst. Ein Beispiel dafür sind die Finanzmärkte, an denen schon jetzt ein Großteil der Geschäfte nicht von Menschen, sondern von Computern getätigt wird. „Code is law“ – der Code ist das Gesetz, postulierte daher der US-amerikanische Jurist Lawrence Lessig schon 2006.

Ist Moral berechenbar?
Bis Ende 2020, so prognostiziert es Google-Vordenker Ray Kurzweil, werden Computer alles besser können, was der Mensch bisher kann. Die großen Summen, die derzeit im Silicon Valley in die Entwicklung künstlicher Intelligenz gesteckt werden, sprechen eine ähnliche Sprache: Lernfähige Maschinen, die nicht mehr programmiert werden müssen, sondern sich selbst weiterentwickeln, sind das Ziel – und zum Teil schon Realität.

Wo bleibt in einer Welt, die so immer berechenbarer wird, aber das „moralische Gesetz in mir“, das Immanuel Kant als gleichberechtigt neben die Wunder der Naturwissenschaften stellte. Eine der größten Aufgaben der Mathematik werde es sein, dieses Gesetz in die Algorithmen hineinzuprogrammieren, sagt Hofstetter, so wie es auch Sarah Spiekermann auf dem Bucerius Lab-Symposium auf Kampnagel forderte. Daten sollten nur mit Einwilligung der Userinnen und User vermarktet werden dürfen – und es müsse dafür bezahlt werden. Nicht zuletzt müssten erhobene Daten jederzeit einsehbar sein und – auf Wunsch – gelöscht werden können.

Die beste aller möglichen Welten?
Möglich wäre ein solches Modell der digitalen Welt zum Beispiel durch ein starkes europäisches Digitalisierungsprogramm. Doch mit den Summen, die derzeit in den USA für Entwicklerinnen und Entwickler gezahlt werden, könne man nicht konkurrieren. Ähnlich wie Wolf Lotter in seinem Vortrag beim Bucerius Lab sieht sie daher die große Gefahr, dass Deutschland den Anschluss im Wettrennen um die Digitalisierung, insbesondere die Künstliche Intelligenz, verpassen könnte.

Noch aber können wir mitentscheiden, ob Maschinen uns Menschen ersetzen werden oder – wie Richard Barbrook es hofft – uns tatsächlich in eine bessere Welt führen können. Dafür aber ist es wichtig, dass diese „bessere Welt“ nicht von einzelnen bestimmt, sondern von vielen mitgestaltet werden kann.

Vgl. dazu Keynotes von Wolf Lotter, Sarah Spiekermann, Richard Barbrook

Zur weiteren Diskussion:

  • Welche Formen der Datenerhebung sind sinnvoll, welche verzichtbar?
  • Was spricht gegen eine dauerhafte Erhebung medizinischer Daten?
  • Welchen Einfluss habe ich auf meine virtuellen Daten? Wie kann ich diesen verstärken?
  • Sollten Werte programmierbar sein? Wenn ja, welche?
  • Welche Chancen bietet Künstliche Intelligenz, um eine gerechtere Welt zu schaffen?
Yvonne Hofstetter

Lab Lecture #3

25.05.2016

Bucerius Law School
Jungiusstraße 6
20355 Hamburg

Yvonne Hofstetter ist Juristin und Essayistin. Sie hat ihre Gedanken zu Big Data und zur Nutzung intelligenter Algorithmen mehrfach prominent dargelegt. Zuletzt hat sie das Buch Sie wissen alles. Wie intelligente Maschinen in unser Leben eindringen und warum wir für unsere Freiheit kämpfen müssen vorgelegt.

 

Der ganze Vortrag…

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Die Diskussion mit Jan Ehlert (NDR)…

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