Fellow-Programm
Das Fellow-Programm des Bucerius Lab richtet sich an digitale Querdenker, (Nachwuchs)wissenschaftler, Autoren und Künstler, die den öffentlichen Diskurs rund um Chancen, Herausforderungen und Gestaltungsmöglichkeiten des digitalen Wandels für unsere Gesellschaft bereichern möchten. Sie entwickeln im Rahmen des Programms Projekte, die kritisch und konstruktiv zu einer Debatte in den Bereichen Demokratie, Machtverschiebungen, Recht und Ethik , Arbeitswelt und Innovationskultur, Gesellschaft und Raum beitragen. Die Ergebnisse der Projekte werden im Rahmen des Bucerius Lab öffentlich präsentiert. Alle Fellows sind dazu angehalten, mit Ihrer individuellen Arbeit zum Lab „als Ganzes“ beizutragen, das sich als Ort des Austausches und der Vernetzung für einen kritischen Diskurs zum digitalen Wandel in unserer Gesellschaft versteht.
Magdalena Taube
Wer bestimmt unsere Zukunft?
Big Data-Technologien spielen eine zentrale Rolle in der nächsten Phase der Digitalisierung. Ein Stichwort in diesem Zusammenhang ist Prädiktion: Zukunftsvorhersagen basieren in vielen gesellschaftlichen Bereichen zunehmend auf der Erhebung von großen Datenmengen und deren Analyse. So wird Big Data sowohl für Regierungen als auch für Unternehmen enorm wichtig. Welche Bedeutung hat Big Data für die Zivilgesellschaft und für die Demokratie? Dieser Fragestellung geht Bucerius Lab Fellow Magdalena Taube in ihrem Projekt nach. Bei dem zweitägigen Workshop kommen AktivistInnen, PolitikerInnen und JournalistInnen mit ProgrammiererInnen zusammen, um diese Frage zu diskutieren und gemeinsam eine webbasierte Story zu entwickeln, die Antworten liefert.
Julian Petrin
Argumentarium – Data/Polis
Ob Energieversorgung, Verkehrssteuerung, Sicherheit oder E-Government: Weltweit treiben Unternehmen und Regierungen die Digitalisierung urbaner Infrastrukturen und Dienste voran. Wie verändert das unsere Städte?
Welche neuen Zukunftsszenarien sind denkbar – und wie begegnet man den Sorgen angesichts der Digitalisierung? Braucht es nicht ein spezifisch europäisches Leitbild der digitalen Stadt, das sich an den Werten europäischer Urbanität orientiert statt an dem Primat des technisch Machbaren? Das Argumentarium „Data/Polis“ bringt optimistische und kritische Positionen und Szenarien der digitalen Stadt von morgen auf der Bühne in einen Widerstreit. Wer hat die besseren Argumente? Die Optimisten oder die Skeptiker? Und wie könnte ein europäischer Weg der digitalen Stadt aussehen?
Johnny Haeusler
Digitale Grundrechtscharta von und für Jugendliche
Johnny Haeusler kuratiert im Rahmen seines Fellowships die Erarbeitung einer „Digitalen Grundrechtscharta von und für Jugendliche“.
Die Frage, in welcher digitalen Gesellschaft wir leben wollen, beschäftigt uns alle. Welche Rechte wollen wir für uns selbst, welche Pflichten für andere? Wie gehen wir mit den Herausforderungen um, vor die uns künstliche Intelligenzen und Roboter stellen, welche Entscheidungen wollen wir durch Algorithmen berechnen lassen – und welche nicht?
Im Rahmen der TINCON, dem ersten „Festival für digitale Jugendkultur“, das als eine Art „re:publica für Teenager“ verstanden werden kann, nähern wir uns den Antworten auf die gestellten Fragen aus ganz besonderer, nämlich sehr junger Sicht. Um zur gesellschaftlichen Zukunft auch diejenigen zu hören, die noch sehr viel davon vor sich haben.
In einzelnen Workshops im Vorfeld des Events entwickelt dafür ein Gremium aus interessierten Jugendlichen einen Forderungskatalog, der auf der TINCON präsentiert und weiterentwickelt wird, um danach in einer finalen Version Entscheiderinnen und Entscheidern aus Politik, Wirschaft und Forschung vorgestellt zu werden.
Malte Spitz
Sind Daten das Öl des 21. Jahrhunderts?
„Daten sind das Öl des 21. Jahrhunderts.“, ist eine oft wiederholte Aussage von Politikern, Wissenschaftlern und Journalisten. Ist diese Aussage ein Heilsversprechen für neue Prosperität oder vielmehr eine Drohung? Statt sich auf das Versprechen der Wohlstandsmehrung zu konzentrieren, müssen ebenso die soziale, globale und gesellschaftliche Dimension der Datengesellschaft und die möglichen Konflikte in den Fokus der Diskussion rücken. Der Datenschutzexperte und Netzpolitiker Malte Spitz untersucht ausgehend von der umfassenden Bedeutung des Öls für das 20. Jahrhundert, wie diese Erkenntnisse für den Umgang mit unseren Daten im 21. Jahrhundert genutzt werden können. Er wird mehrere Gruppendiskussionen veranstalten und Interviews mit Expert*innen aus unterschiedlichen Fachrichtungen führen und Orte der Öl- und Datengesellschaft persönlich aufsuchen. Die Erkenntnisse, Lehren und Aufgaben für den Übergang von der Ölgesellschaft zur Datengesellschaft, wird er begleitend zu seiner Arbeit bloggen und anschließend in einem umfassenden Essay veröffentlichen.
Lorena Jaume-Palasí & Matthias Spielkamp
ALGORITHM WATCH – Welche automatisierten Entscheidungsprozesse müssen wir gesellschaftlich kontrollieren?
Rechtsstaatliche Prozesse und Autonomie des Individuums müssen auch in einer digitalisierten Welt erhalten werden, in der datenbasierte, automatisierte Entscheidungsmechanismen (Algorithmen) einen immer größeren Raum einnehmen. Damit unsere Gesellschaften in den Genuss der positiven Auswirkungen dieser Technologien kommen können, müssen Kontrolle und Rechenschaftspflichten dafür sorgen, dass persönliche Freiheiten nicht eingeschränkt und keine Entscheidungen getroffen werden, die mit unserem Anspruch an Würde, Gerechtigkeit und Autonomie nicht in Übereinstimmung zu bringen sind. Diese Gefahr lauert bereits in manchen bestehenden, aber auch in künftig denkbaren Anwendungsgebieten von Algorithmen.
Eine entscheidende Frage, die für die Arbeit der im Entstehen befindlichen NGO „Algorithm Watch“ beantwortet werden muss, ist die Frage, welche Algorithmen gesellschaftlich so relevant sind, dass sie zivilgesellschaftlich beobachtet und notfalls rechtsstaatlich sanktioniert werden müssen. Hierzu forschen die Gründungsmitglieder und Fellows Lorena Jaume-Palasí und Matthias Spielkamp im Rahmen ihres Bucerius Lab Fellowships.
Meilensteine des Fellow-Projekts:
- Erarbeitung eines Thesenpapiers Kategorisierung algorithmischer Prozesse zur Entscheidungsfindung oder –vorbereitung
- Expertenworkshop zur Überprüfung der Kriterien (September 2016)
- Konkretisierung der Kriterien und weiteren Arbeit
- Die Ergebnisse der Fellowarbeit und die damit verbundene künftige Arbeit von „Algorithm Watch“ werden Anfang 2017 in einer öffentlichen Veranstaltung in Hamburg präsentiert und diskutiert.